„Ein gutes Ende kann dies nicht nehmen“. Käthe Starke-Goldschmidts Erinnerungen an Theresienstadt

Linde Apel

Quellenbeschreibung

1975 ver­öf­fent­lich­te Käthe Starke-​Goldschmidt Die Au­torin ver­öf­fent­lich­te unter ihrem Ehe­na­men Star­ke, den sie ab Ende der 1940er-​Jahre trug. In An­leh­nung an an­de­re Pu­bli­ka­tio­nen und zur bes­se­ren Les­bar­keit wird sie im Fol­gen­den Käthe Starke-​Goldschmidt ge­nannt. ihre Er­in­ne­run­gen an ihre Zeit im Ghet­to und Durch­gangs­la­ger The­re­si­en­stadt unter dem Titel „Der Füh­rer schenkt den Juden eine Stadt“. Sie be­ginnt mit einer kri­ti­schen, stel­len­wei­se bit­ter wir­ken­den Ein­ord­nung der Zeit vor 1933, be­schreibt aus­führ­lich ihr Leben, ihre Ar­beit und ihre Be­geg­nun­gen in The­re­si­en­stadt und endet mit ihrer Rück­kehr nach Ham­burg am 2.8.1945. Be­son­ders ein­drück­lich ist die Schil­de­rung ihrer De­por­ta­ti­on, die trotz ihrer nüch­ter­nen Weit­sich­tig­keit emo­tio­nal stark auf­ge­la­den ist – sie soll hier im Mit­tel­punkt ste­hen.

In ihrem Buch sind alle künst­le­ri­schen Werke aus The­re­si­en­stadt ab­ge­druckt, die sie ret­ten konn­te. Zudem ent­hält es einen Be­richt über eine Reise mit ihrem Sohn Pit nach Terezín im Jahr 1964, den sie dop­pel­deu­tig und ähn­lich sar­kas­tisch wie den Titel des Bu­ches mit „Stadt mei­ner Träu­me“ über­schrie­ben hat. Ein um­fang­rei­cher Do­ku­men­ten­teil ent­hält so­wohl einen Re­chen­schafts­be­richt der Zen­tral­bü­che­rei sowie Nach­wei­se über De­por­ta­tio­nen nach und von The­re­si­en­stadt. Auch Starke-​Goldschmidts „cer­ti­fi­ca­te“ der Jü­di­schen Selbst­ver­wal­tung vom 28.7.1945, das sie als ehe­ma­li­gen Häft­ling aus­weist, ist ab­ge­druckt.

Das Buch ist seit lan­gem ver­grif­fen und an­ti­qua­risch nur zu recht hohen Prei­sen zu er­wer­ben. Die von Käthe Starke-​Goldschmidt ge­ret­te­ten Do­ku­men­te wur­den 2002 vom Al­to­na­er Mu­se­um aus­ge­stellt. Axel Feuß, Das Theresienstadt-​Konvolut, Ham­burg / Mün­chen 2002. Das The­re­si­en­stadt-​Konvolut be­fin­det sich noch heute als Dau­er­leih­ga­be dort und ist im Be­sitz ihres Soh­nes.

  • Linde Apel

Zur Lebensgeschichte der Autorin Dieser Beitrag basiert auf dem Einführungstext zum Hörbuch „…in schwarzer Nacht und lautloser Stille muss ich meinen Weg allein suchen…“. Käthe Starke-Goldschmidts Deportation nach Theresienstadt und ihre Rückkehr nach Hamburg, hrsg. für die Landeszentrale für Politische Bildung Hamburg von Linde Apel und Barbara Guggenheim, Hamburg 2011.


Käthe Starke-​Goldschmidt wurde am 27.9.1905 ge­bo­ren und wuchs mit ihrer äl­te­ren Schwes­ter Erna in Al­to­na auf. Ihr Vater, der Ban­kier Iska Gold­schmidt, ver­starb 1938, ihre Mut­ter Hulda Gold­schmidt 1941. Käthe Starke-​Goldschmidt nahm 1927 ein Stu­di­um der Ger­ma­nis­tik, Phi­lo­so­phie und Kunst­ge­schich­te auf. Sie stu­dier­te zu­nächst in Hei­del­berg, spä­ter in Mün­chen auch Theater-​ und Li­te­ra­tur­wis­sen­schaf­ten. Dort war sie als Schau­spie­le­rin und Re­gis­seu­rin aktiv. 1935 bekam sie mit Mar­tin Star­ke, Jude und po­li­ti­scher Geg­ner des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus, einen Sohn, der als nicht­jü­di­sches Kind ge­tarnt die Zeit des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus über­leb­te. 1937 kehr­te sie nach Ham­burg zu­rück und war zu­nächst als Dra­ma­tur­gin im Jü­di­schen Kul­tur­bund be­schäf­tigt. Nach des­sen Ver­bot ar­bei­te­te sie in der jü­di­schen Ge­mein­de. Käthe und Erna Gold­schmidt waren im Sep­tem­ber 1942 ge­zwun­gen, in ein „Ju­den­haus“ in der Ben­ecke­stra­ße 2 zu zie­hen. Im glei­chen Ge­bäu­de be­fand sich ein Büro der Ge­sta­po. Am 23.6.1943, „im hel­len Licht eines hei­te­ren Som­mer­ta­ges“ Käthe Star­ke, Der Füh­rer schenkt den Juden eine Stadt. Bil­der, Im­pres­sio­nen, Re­por­ta­gen, Do­ku­men­te, Ber­lin 1975, S. 24., wie es in ihren Me­moi­ren heißt, wur­den beide mit 106 an­de­ren Frau­en und Män­nern, dar­un­ter viele Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter der jü­di­schen Ge­mein­de, nach The­re­si­en­stadt de­por­tiert. Im Som­mer 1943 wird Käthe Starke-​Goldschmidt durch ihre Tä­tig­keit in der Ge­mein­de, die in die De­por­ta­tio­nen ad­mi­nis­tra­tiv ein­be­zo­gen war, längst ge­wusst haben, was ihr mit die­ser Reise droh­te. Die Se­quenz des Bu­ches, in der sie auf die Ab­rei­se ein­geht, ist durch die vie­len at­mo­sphä­ri­schen De­tails und die Fä­hig­keit der Au­torin, Men­schen ein­zu­schät­zen und zu be­schrei­ben, ein­zig­ar­tig. Die De­por­ta­tio­nen wur­den nicht ver­heim­licht, dar­auf geht sie mit der fast poe­tisch wir­ken­den Schil­de­rung „im hel­len Licht eines hei­te­ren Som­mer­ta­ges“ ein und hebt be­son­ders her­vor, was an die­sem „Ter­min“ nicht ge­schah, sie aber er­war­tet und viel­leicht bei vor­her­ge­gan­ge­nen De­por­ta­tio­nen be­ob­ach­tet hatte: keine Trit­te, kein Ge­schrei, keine Schlä­ge und auch keine Foto- oder Film­auf­nah­men des un­wür­di­gen Ge­sche­hens.

Käthe Starke-​Goldschmidt muss­te in The­re­si­en­stadt wie alle an­de­ren Zwangs­ar­beit leis­ten. Zu­nächst ge­hör­te sie der Putz­ko­lon­ne an, spä­ter ar­bei­te­te sie in der Zen­tral­bü­che­rei, die über 60.000 zuvor von Jü­din­nen und Juden ge­raub­te Bände um­fass­te. Dort ge­lang es ihr, Zeich­nun­gen und Bil­der von in The­re­si­en­stadt in­haf­tier­ten deut­schen und tsche­chi­schen Künst­le­rin­nen und Künst­lern sowie die vom Äl­tes­ten­rat, dem von der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen La­ger­lei­tung ein­ge­setz­ten Gre­mi­um für die in­ter­ne Ver­wal­tung des Ghet­tos, an­ge­leg­te Samm­lung mit den Fotos und Le­bens­läu­fen der Pro­mi­nen­ten der Liste A Ab 1942 gab es in The­re­si­en­stadt zwei Grup­pen von „Pro­mi­nen­ten“. Auf der Liste A be­fan­den sich Per­so­nen, die von der SS aus­ge­wählt wur­den. Sie er­hiel­ten ei­ni­ge Ver­güns­ti­gun­gen der Le­bens­be­din­gun­gen, die die SS ihnen je­doch teils auch wie­der ent­zog. Die „Pro­mi­nen­ten“ der Liste B wur­den vom „Äl­tes­ten­rat“ der Ghet­to­ver­wal­tung vor­ge­schla­gen. an sich zu neh­men und schließ­lich zu ret­ten. Diese Do­ku­men­te bil­den das so­ge­nann­te The­re­si­en­stadt-​Konvolut.

Am 28.7.1945 kehr­te Käthe Starke-​Goldschmidt mit an­de­ren Über­le­ben­den nach Ham­burg zu­rück. 1947 nahm sie ihren Sohn zu sich, 1948 schloss sie ihre Dis­ser­ta­ti­on in Thea­ter­wis­sen­schaf­ten ab. Ende der 1940er-​Jahre hei­ra­te­te sie den Vater ihres Kin­des, Mar­tin Star­ke, der die De­por­ta­ti­on nach Auschwitz-​Birkenau über­lebt hatte. Un­mit­tel­bar nach dem Krieg war sie als Re­gie­as­sis­ten­tin für Hel­mut Käut­ner be­schäf­tigt. Käthe und Mar­tin Star­ke, ihr Sohn Pit Gold­schmidt und Käthes Schwes­ter Erna Gold­schmidt, die nach der Rück­kehr aus The­re­si­en­stadt bei der Je­wish Trust Cor­po­ra­ti­on be­schäf­tigt war, leb­ten zu­sam­men in einem Haus in Hamburg-​Othmarschen. Käthe Starke-​Goldschmidt ver­starb am 10.8.1990. 2015 wur­den für Käthe Starke-​Goldschmidt und Erna Gold­schmidt Stol­per­stei­ne ver­legt. Bir­git Ge­wehr, Bio­gra­phi­sches Por­trait über Erna und Käthe Gold­schmidt, in: Dies., Stol­per­stei­ne in Hamburg-​Altona mit Elb­vor­or­ten. Bio­gra­phi­sche Spu­ren­su­che, Ham­burg 2008, S. 81.

Theresienstadt, „Ghetto“ und Durchgangslager in den Tod


Ab 1941 ließ die deut­sche Be­sat­zung die Gar­ni­sons­stadt The­re­si­en­stadt von ihren Be­woh­ne­rin­nen und Be­woh­nern räu­men und als ghet­to­ähn­li­ches Lager für Juden aus dem Deut­schen Reich und dem „Pro­tek­to­rat Böh­men und Mäh­ren“, so die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Be­zeich­nung für einen gro­ßen von ihr be­setz­ten Teil der Tsche­cho­slo­wa­kei, ein­rich­ten. Bis Juli 1943 wurde fast die ge­sam­te jü­di­sche Be­völ­ke­rung des „Pro­tek­to­rats“ nach The­re­si­en­stadt de­por­tiert. Neben knapp 5.000 Juden aus den von der Wehr­macht be­setz­ten Nie­der­lan­den, unter denen sich zahl­rei­che deut­sche Emi­gran­ten be­fan­den, kamen noch 1.270 Juden aus Polen, 1.100 aus Un­garn und 470 Juden aus Dä­ne­mark hinzu. Etwa 43.000 ös­ter­rei­chi­sche und deut­sche Juden wur­den ab Juni 1942 nach The­re­si­en­stadt de­por­tiert. Dazu muss­ten sie zuvor kost­spie­li­ge „Heimein­kaufs­ver­trä­ge“ ab­schlie­ßen, mit denen ihnen ein Al­ters­ru­he­sitz ver­spro­chen wor­den war. The­re­si­en­stadt er­wies sich je­doch als bre­chend­vol­les Lager mit Mas­sen­un­ter­künf­ten in un­zu­rei­chend aus­ge­stat­te­ten Ka­ser­nen. Das dor­ti­ge Leben war von Über­fül­lung, Hun­ger und ka­ta­stro­pha­len hy­gie­ni­schen Zu­stän­den ge­prägt. In elf Trans­por­ten aus Ham­burg, der erste am 15.7.1942, der letz­te am 14.2.1945, wur­den 2.362 Juden nach The­re­si­en­stadt de­por­tiert. Nach­weis­bar über­leb­ten 1.886 Men­schen diese De­por­ta­tio­nen nicht. Jür­gen Si­e­le­mann, Ham­bur­ger Jü­di­sche Opfer des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus. Ge­denk­buch, Ham­burg 1995, S. XIX.

Der Titel für Käthe Starke-​Goldschmidts ein­dring­li­che Er­in­ne­run­gen an The­re­si­en­stadt nimmt Bezug auf einen Pro­pa­gan­da­film, der im Au­gust und Sep­tem­ber 1944 vor Ort ge­dreht wor­den war und nach dem Krieg als Frag­ment unter dem Titel „Der Füh­rer schenkt den Juden eine Stadt“ be­kannt ge­wor­den ist. An­lass für seine Ent­ste­hung war der Be­such einer Kom­mis­si­on des In­ter­na­tio­na­len Ko­mi­tees vom Roten Kreuz im Juni 1944. Nach­dem Ge­rüch­te über den Ju­den­mord nicht mehr zu igno­rie­ren waren, woll­te die Kom­mis­si­on sich über die Le­bens­be­din­gun­gen der Häft­lin­ge in The­re­si­en­stadt in­for­mie­ren. Die La­ger­lei­tung re­agier­te auf diese In­spek­ti­on, indem sie zahl­rei­che Häft­lin­ge nach Ausch­witz in den si­che­ren Tod schick­te. Dar­über hin­aus ließ sie in The­re­si­en­stadtselbst eine Reihe von wi­der­sin­ni­gen Ver­schö­ne­rungs­maß­nah­men durch­füh­ren. Als bo­den­lo­se Ab­sur­di­tät müs­sen es die Häft­lin­ge emp­fun­den haben, dass nun auf ein­mal Blu­men an­ge­pflanzt, ein Kaf­fee­haus ein­ge­rich­tet und Ge­schäf­te er­öff­net wur­den, nur um für den Be­such einen guten Ein­druck zu ma­chen. „Muss­te nicht die Kom­mis­si­on spä­tes­tens an­ge­sichts die­ser glanz­neu­en, un­be­rühr­ten Schön­heit stut­zig wer­den?“ Star­ke, Füh­rer, S. 122f. Zahl­rei­che Mit­wir­ken­de wur­den nach Ende des Films nach Auschwitz-​Birkenau de­por­tiert und dort er­mor­det. In den letz­ten Mo­na­ten vor der An­kunft der Roten Armee am 9.5.1945, als in The­re­si­en­stadt Epi­de­mien gras­sier­ten, kamen et­li­che Men­schen aus dem Deut­schen Reich, aus der Slo­wa­kei und aus Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern, die auf­grund der vor­rü­cken­den Front auf­ge­löst wur­den, im Lager an. Zu­gleich ge­lang es dem Roten Kreuz, ei­ni­ge Grup­pen von Häft­lin­gen aus The­re­si­en­stadt ab­zu­trans­por­tie­ren. In den ers­ten Mai-​Tagen floh die SS. Auf la­ko­ni­sche Weise be­schreibt Käthe Star­ke: „Gleich in den ers­ten Tagen gab es einen Ap­pell in der Mag­de­burg [-​Kaserne], bei dem einer un­se­rer Be­frei­er eine län­ge­re Rede hielt. Sie klang im Ton pro­pa­gan­dis­tisch und wurde so man­gel­haft über­setzt, dass wir ihr le­dig­lich ent­neh­men konn­ten, so lang wir pa­rier­ten, würde es uns gut er­gehn [sic] . Pa­rie­ren hat­ten wir aus­gie­big stu­diert, das konn­ten wir. Also ging es uns auch gut.“ Star­ke, Füh­rer, S. 164.

„Stadt meiner Träume“ – Bewältigungsversuche einer Überlebenden


In ihren Me­moi­ren er­wähnt Käthe Star­ke einen Alp­traum, der sie noch Jahre nach der Be­frei­ung wie­der und wie­der heim­such­te und auf den sie im Titel der Schil­de­run­gen ihres Nach­kriegs­be­suchs Bezug nimmt: „Mei­nen Heim­weg [aus der Bi­blio­thek] muss­te ich mir [] in der Fins­ter­nis Schritt für Schritt er­tas­ten, bis ich über den Stadt­park, am Markt­platz vor­bei die ret­ten­de Mauer der Genie Damit ist die Ge­nie­ka­ser­ne ge­meint, in der sich ein Kran­ken­haus be­fand und Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen statt­fan­den. er­reich­te, die mich zur Ecke Neue Gasse lei­te­te, und von allen Angst­träu­men, die mich jah­re­lang nächt­li­cher­wei­le nach The­re­si­en­stadt ent­führt haben, ist die­ser ge­blie­ben: in schwar­zer Nacht und laut­lo­ser Stil­le muss ich mei­nen Weg al­lein su­chen. Vom mond­lo­sen Him­mel heben sich nicht ein­mal die Dach­rin­nen ab, mir die Rich­tung zu wei­sen. Die Stei­ne der Genie sind so kalt, dass ich sie nicht be­rüh­ren kann, an der Ecke ver­lie­re ich den letz­ten Halt und weiß nicht, wohin mich zu wen­den.“ Star­ke, Füh­rer, S. 130. Die Ein­sam­keit und Ver­las­sen­heit, die sie in The­re­si­en­stadt spür­te – hier wer­den sie von Käthe Starke-​Goldschmidt an­ge­deu­tet als Ge­füh­le, die auch lange nach der Be­frei­ung nicht von ihr wei­chen woll­ten.

Unter den Er­in­ne­rungs­tex­ten über die De­por­ta­ti­on und die In­haf­tie­rung in The­re­si­en­stadt sticht der von Käthe Starke-​Goldschmidt her­vor, weil sie das Leben unter La­ger­be­din­gun­gen und die Be­zie­hun­gen unter den In­sas­sen mit fei­nem Sprach­ge­fühl fast gänz­lich frei von Sen­ti­men­ta­li­tät be­schreibt. Die Mühe, dabei eine Di­stanz zum Er­leb­ten zu wah­ren und die Ge­füh­le zu ban­nen, die sie aus­lös­ten, ist deut­lich zwi­schen den Zei­len zu spü­ren. Dies wird ins­be­son­de­re in jenen Pas­sa­gen sicht­bar, in denen sie aus der Per­spek­ti­ve von Tie­ren schreibt, die zum Schlacht­hof und damit un­wis­sent­lich in den Tod ge­führt wer­den. An ihrer Be­schrei­bung des Ab­trans­ports wird dies auf fast schmerz­li­che Weise kennt­lich. Sie be­ginnt mit fol­gen­den Wor­ten: „Was die Schlacht­tie­re emp­fin­den, wenn sie dumpf zu­sam­men­ge­pfercht im Vieh­wa­gen da­hin­rol­len – ich weiß es aus Er­fah­rung.“ Sie endet mit dem nur schein­bar wi­der­sin­ni­gen Be­dürf­nis: „[] man müss­te schrei­en – wenn nur nie­mand an­fängt zu schrei­en.“ Star­ke, Füh­rer, S. 23. Damit ver­schlüs­selt sie ihre Ängs­te und schreit sie zu­gleich hin­aus. Die Au­torin er­laubt sich hier an­zu­deu­ten, wie es um sie stand, wie le­bens­wich­tig es war, nicht die Be­herr­schung zu ver­lie­ren. Diese selbst ge­wähl­te Auf­la­ge, sich zu­sam­men­zu­rei­ßen, durch­zieht den ge­sam­ten Text wie eine na­gen­de Grund­span­nung, die – so­weit sich dem über­haupt an­nä­hern lässt – viel­leicht dem Le­bens­ge­fühl in The­re­si­en­stadt na­he­kam und im Leben mit dem Über­le­ben nicht wei­chen woll­te.

Auswahlbibliografie


H.G. Adler, Theresienstadt. Antlitz einer Zwangsgemeinschaft, Darmstadt 2012 (Reprint).
Wolfgang Benz, Theresienstadt. Eine Geschichte von Täuschung und Vernichtung, München 2013.
Axel Feuß, Das Theresienstadt-Konvolut, Hamburg / München 2002.
Birgit Gewehr, Biographisches Portrait über Erna und Käthe Goldschmidt, in: Dies., Stolpersteine in Hamburg-Altona mit Elbvororten. Biographische Spurensuche, Hamburg 2008, S. 81.
Anna Hájková, Prisoner Society in the Terezin Ghetto, 1941-1945, Toronto 2013.
Jürgen Sielemann, Hamburger Jüdische Opfer des Nationalsozialismus. Gedenkbuch, Hamburg 1995.
Gerald Trimmel, „Gefilmte Lügen“. Der Theresienstadt-Propagandafilm von 1944, in: filmarchiv, Heft 7, 3 (2003), S. 42-47.

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Zur Autorin

Linde Apel, Dr. phil., geb. 1963, ist Leiterin der Werkstatt der Erinnerung in der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg. Forschungsschwerpunkte: Oral History; Geschichte des Holocaust; Zeitgeschichte der 1960er und 1970er Jahre.

Zitationsempfehlung und Lizenzhinweis

Linde Apel, „Ein gutes Ende kann dies nicht nehmen“. Käthe Starke-Goldschmidts Erinnerungen an Theresienstadt, in: Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte, 12.05.2021. <https://dx.doi.org/10.23691/jgo:article-273.de.v1> [05.03.2025].

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