2024-03-29T09:03:03Z
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oai:jgo:source-72.de
2017-08-15T00:00:00Z
de
Aufruf des Dr. Hirsch Marcus Cohn in: Allgemeine Zeitung des Judenthums (AZJ), Leipzig, 30.4.1849, Heft 18, S. 236–237.
https://dx.doi.org/10.23691/jgo:source-72.de.v1
Dr. Hirsch Marcus Cohn
Institut für die Geschichte der deutschen Juden
Online Ressource
In der „Allgemeinen Zeitung des Judenthums“ (AZJ) vom 30.4.1849
wurde ein fünfeinhalbseitiger Artikel aus Hamburg veröffentlicht,
den der Arzt Dr. Hirsch Marcus Coh(e)n Beide Schreibweisen sind
möglich. (1800–1874) verfasst hatte. Die Allgemeine Zeitung des
Judenthums (AZJ) war die meistgelesene Wochenzeitung unter den
deutschen Juden und fand mit ihren Themen aus Gesellschaft, Literatur,
Religion und Politik vor allem in liberalen, reformorientierten
bürgerlichen Kreisen eine interessierte Leserschaft. Im ersten Teil
warb Coh(e)n unter dem Titel „Aufruf“ bei den Lesern um
Unterstützung für ein Projekt, das eine Gruppe fortschrittlicher
Juden zwei Monate vorher beschlossen hatte. Die Initiatoren zählten
zu den Trägern der Emanzipationsbewegung und kannten sich aus
jüdischen und politischen Vereinen, wo sie sich für die
Gleichberechtigung der Juden und für eine neue, demokratische
Verfassung engagierten. Aufgrund ihrer beruflichen Leistungen und
gesellschaftlichen Stellung verfügten sie zwar über einen
bürgerlichen Habitus. Doch waren ihnen durch das Hamburger
Bürgerrecht Recht der Selbstverwaltung; Voraussetzung für die
Erlangung des Bürgerrechts war geerbter Grundbesitz, das Leisten
eines Bürgereides und die Zahlung eines Bürgergeldes; Adlige waren
davon ausgeschlossenen; bis 1814 war es Angehörigen der lutherischen
Kirche vorbehalten. [nach: Helmut Stubbe-da Luz, Bürgerrecht, in:
Franklin Kopitzsch / Daniel Tilgner (Hrsg.), Hamburg Lexikon, Hamburg
1998, S. 92f. ], das an die lutherische Konfession gebunden war,
entscheidende Rechte und Entfaltungsmöglichkeiten verwehrt.
Mittlerweile hatte sich die innerjüdische Lebenswelt durch Reformen
zur Gesamtgesellschaft hin geöffnet. Zu den prominentesten
Vorkämpfern für eine politische Gleichstellung der Juden gehörte
auf lokaler wie nationaler Ebene Dr. Gabriel Riesser [jgo:article-20].
Er hatte im Namen der Gemeinde seit den 1820er–Jahren wiederholt
Eingaben an den Senat gerichtet und sich mit Publikationen für eine
Gleichberechtigung engagiert. Parallel dazu forderten christliche
Bürger zunehmend eine Verfassungsreform, die die Gleichstellung
einschließen sollte. Der zögerliche Senat konnte sich jedoch nicht
gegen die ablehnende Front in der Bürgerschaft und in den
bürgerlichen Kollegien durchsetzen. Bis zum Februar 1849 waren alle
Initiativen vergeblich und das Judenreglement von 1710
[jgo:article-38] mit seinen Sonderregelungen blieb gültig.
2017-08-15